„Ich schaffe das schon allein, oder doch nicht?“ – Werfen Sie Ihren Stolz (endlich) über Bord

Viele Menschen, die mit Problemen zu kämpfen haben, sind zu stolz, um Hilfe anzunehmen. Das mag zum einen daran liegen, dass sie sich schämen oder in einer Position sind, die es gesellschaftlich teilweise nicht erlaubt, Probleme zu haben. Ein weiterer Grund kann sein, dass diese Menschen glauben, sie müssten alles allein in den Griff bekommen und wären schwach, wenn sie sich helfen lassen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.

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Ein Geschäftsführer mit Burnout ist vielleicht noch anerkannt – aber wie sieht es bei einer Hausfrau aus? Andersherum gefragt, darf eine Geschäftsführerin an Depressionen leiden? Kann ein Arbeitsloser überhaupt Stress haben? Darf sich ein gestandener Mann oder eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben stehen, Hilfe bei einem Problem suchen oder wird von solchen Menschen nicht vielmehr erwartet, dass sie allein damit fertig werden.

Zu stolz, um sich helfen zu lassen?

Meine Klientin Lisa ist eine junge eigenständige Frau. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn, der in die Grundschule geht, sie ist gebildet und arbeitet in einer mittleren Führungsposition. Sie ist es gewohnt, ihre Probleme selbst zu lösen und so war es auch, als sie begann, unter der Belastung der Doppelrolle als Führungskraft und Mutter zu leiden. Der Stress nahm täglich zu und sie versuchte vieles, um ihn zu bewältigen, doch nichts half. In dieser Zeit war sie auch zu stolz, um sich Hilfe zu suchen, denn schließlich konnte sie ihr bisheriges Leben wunderbar allein meistern. Sie wollte sich nicht eingestehen, dass es diesmal einfach nicht funktionieren wollte. Vielen geht es so wie Lisa und sie tappen in die gleiche Falle. Es ist ein großer Fehler, sich aus Stolz keine professionelle Hilfe in belastenden Situationen zu suchen. Denn oftmals zeigt gerade der Blick von außen, von einer Person, die nicht selbst im Problem drinsteckt, neue Wege und Möglichkeiten auf.

Auf den Blickwinkel kommt es an

Lisa war gefangen in ihrer Stresssituation, sie hatte nur ihren Blickwinkel und der zeigte nur eine Richtung. Da sie lange Zeit zu stolz war, um Hilfe anzunehmen, verschlechterte sich ihre Situation immer weiter und sie zeigte bereits erste Anzeichen eines Burnouts. Jeder Mensch hat nur seinen eigenen Blickwinkel auf eine Situation. Nehmen wir hier einmal das Beispiel eines Sparziergangs, bei dem drei Menschen einem nicht angeleinten Hund begegnen. Der erste findet das super, er mag Hunde, hatte als Kind selbst einen Hund und begrüßt den Vierbeiner mit Freude. Der zweite hat Angst vor Hunden, er wurde einmal gebissen und versucht dem Tier, so gut es geht, aus dem Weg zu gehen. Dem dritten ist es eigentlich egal, er geht, ohne den Hund zu beachten einfach weiter. Das sind drei unterschiedliche Blickwinkel auf die exakt gleiche Situation. Was können wir jetzt aus diesem Beispiel mitnehmen? Wenn wir in einer Situation stecken, in der wir nur eine Perspektive haben, dann hilft eine außenstehende Person, die eine ganz andere Sicht auf das Problem hat und dadurch neutraler und objektiver an die Sache herangehen kann. Gerade Menschen, die wie Lisa mit Problemen rund um Stress, Depressionen oder Burnout zu kämpfen haben, hilft der Blick von außen, um die Situation zu bewältigen. Zu Anfang dachte Lisa, niemand würde sie verstehen und als sie den Mut aufbrachte, ihrer Schwester von ihren Problemen zu erzählen, wurde ihr Gefühl leider bestätigt. Sie scheute sich davor, einer weiteren Person davon zu erzählen, redete ihre Problem klein und versuchte, so gut es ging, weiterzumachen. Sie sah jedoch ein, dass sie alleine nicht weiterkommt und suchte sich professionelle Hilfe. Dieser Schritt hat sie viel Mut gekostet, doch er war der einzig richtige, wie sie später erzählt.

Fachliche Kompetenz und Austausch

Bei kleinen und banalen Problemen ist es selbstverständlich, dass wir diese zuerst selbst lösen wollen, und meistens gelingt das auch. Doch wenn wir vor einer Situation stehen, in der wir nicht weiterkommen, uns im Kreis drehen oder immer weiter in eine Abwärtsspirale rutschen, ist es wichtig, sich Hilfe zu suchen. Im ersten Schritt kann der Austausch mit Menschen helfen, die in einer ähnlichen Lage sind. Manchmal hilft es schon, sich die Probleme von der Seele zu reden und sich verstanden zu fühlen, um einen neuen Ansatz zu finden. Hierbei sollte man allerdings aufpassen, dass man nicht in ein gemeinsames Jammern verfällt oder ein Wettstreit entsteht, wem es denn schlechter geht. Deshalb ist es sinnvoll auf Menschen zu setzen, die über eine fachliche Kompetenz verfügen und vielleicht die eigene Situation auch schon durchlebt haben und wissen was jetzt hilft. Lisa kam genau aus diesem Grund zu mir. Sie wusste, dass ich selbst ein Burnout hatte und wollte wissen, wie ich es schaffte, wieder herauszukommen. Gemeinsam bauten wir neue Strukturen für ihren Alltag auf, die ihr Sicherheit gaben. Wir arbeiteten auf unterschiedlichen Ebenen an ihren Beziehungen und ihrer Gesundheit und heute ist Lisa entspannter, zufriedener und gelassener – auch wenn stressige Zeiten auf sie zukommen.

Wenn auch Sie in einer Situation stecken, in der Sie nicht weiterkommen. Wenn Sie merken, dass sie ein Problem nicht allein bewältigen können, dann suchen Sie sich Hilfe. Gerne können wir diskret gemeinsam über Ihre Lage sprechen und eine Vorgehensweise erarbeiten, wie Sie Ihre Probleme lösen.